weißt du...vielleicht - Essen - Vorstellungen
Samstag, 1. November 2008 - 16:07 Uhr
weißt du ... vielleicht
Ja, es ist spät, es ist Nacht, ich weiß. Und eigentlich möchtest du lieber schlafen, aber jetzt will ich grad, dir das mal erzählen.
In schrägen Worten vielleicht, weil ich auch so müde bin.
Manchmal mag ich gar nicht dran denken, aber irgendwann wird es so sein.
Da werde ich diesen alten Koffer da unter dem Bett hervorziehen.
Ja, staubig ist er, ich zerr ihn ja auch nur selten vor.
Und dann kommt da alles mit hinein.
Die Musik und die Töne, die Bilder, auch die, die so überbelichtet immer mit mir geschlichen sind.
All die vielen Worte, die immer gesagt werden wollten.
Manche haben sich ja selbst verschluckt und andere waren einfach nicht mehr zu halten.
Aber das ist so wie mit der Zeit.
Die kam mir immer im Minutentakt abhanden.
Ob der Koffer groß genug ist?
Also wenn ich ihn mir so anschau und dann mal die Stapel, die ich mitnehmen will oder muss.
Ich weiß ja nicht, wie lange das dauert oder könnte.
Vielleicht ja auch das verwaschen Lieblingsshirt und die dicken Socken.
Vielleicht hab ich dann immernoch kalte Füße und frier morgens an den Beinen.
Gibt es da Kaffee und darf man da rauchen? Und Schokolade?
Oder stell dir vor, ich könnte da malen und hätte keinen Pinsel dabei.
Oder schreiben ohne Papier, das wäre doch...
Was man alles bedenken muss.
Bist du noch wach? Nun hör doch mal zu.
Ob die da Bücher haben?
Ich kann doch nicht all die Gedanken, aber die Erinnerungen schon, die kommen mit.
Ja doch, auch die an dich, nein die vom letzten Streit nicht, die hab ich doch längst wieder vergessen.
Vielleicht kann man da Saxophon lernen?
Oder man kann das, einfach so.
Du, jetzt schlaf doch nicht, nachher hab ich was vergessen, und dann?
Ich kann ja nicht einmal probieren ob er noch zu geht.
Da kommt ja noch soviel dazu.
Allein was da morgen noch kommt und nächste Woche und nächstes Jahr.
Aber es muss dieser Koffer sein, ich hab ja nur den einen.
Ich könnt ja ein wenig sortieren, aber wichtig ist doch im Grunde alles.
Wenn ich was nicht mitnehm, was wird dann aus mir?
Am Ende gäbs uns dann gar nicht, so wie wir jetzt, du verstehst schon.
Dann wäre ich jemand anders und du gar nicht hier.
Ich hätte dann nicht diesen Fleck und würde nicht immer beim Sitzen an dich denken.
Nein, das muss alles mit und noch viel mehr von dir und von alldem.
Ich soll jetzt auch endlich schlafen?
Ja, gute Nacht, bis morgen.
Donnerstag, 30. Oktober 2008 - 15:04 Uhr
Essen
Im Linoleumhausflurgeruch drücke ich auf die ältliche Klingel.
Wenigstens pünktlich, atme ich auf, dann öffnet sich die Tür einen Spalt und er entschwindet mit einem "kommrein".
Ich unterhalte mich, wie immer, mit dem Garderobenständer, an den ich meine Jacke hänge.
Was für ein Tag, blödes Wetter.
Nebenbei schlüpfe ich in die dicken Socken, die immer da liegen, Hausschuhe wären so endgültig, obwohl nach 3 Jahren.
Schliddernd gleite ich zu ihm an den Herd, sein Gesicht im Dampf und herrlich diabolisch beleuchtet von der Abzugshaube.
"Hey" und ein übergestreifter Kuss.
Die Nudeln dampfen schon im Sieb und er rührt etwas rot-buntes in der Pfanne, es riecht nach Bazar und verschleierten Frauen mit dunklen Augen.
"Setz dich" das heißt soviel wie Hände weg von meinen Töpfen.
Ich schiebe den Stuhl gegen die Wand und setze mich seitlich mit angezogenem Bein darauf, so sitze ich hier immer. Das Licht ist auf halbromantisch gedimmt und mein Finger fährt über den Riss im uralten Holz, gut das er kein Resopaltyp ist.
Mein Teller entschwindet und steht kurz darauf dampfend vor mir, die Nudeln unter dem rot-bunt fast verborgen.
Dann sitzt er mir hinter dem Dampf gegenüber, ich rücke mich hin und wir wünschen uns einen guten Appetit.
Im gelblich, milden Halbdunkel lasse ich meine Nase noch ein wenig fantasieren und wedele noch ein wenig mit dem alten Omalöffel über meinem Teller, bevor er eintaucht und dann in meinem Mund verschwindet.
Eine Dampflok donnert über meine Geschmacksnerven.
"Scheische schaaaf" mummele ich ihm mit vollem Mund zu, der ungerührt mir gegenüber sitzt und kaut und schon den dritten Löffel schluckt.
"Findest du?" Seine Hand greift nach einem kleinen Fläschchen und er tropft mir großzügig davon über den Teller.
Ich menge ein wenig mit dem Löffel umher, rühren wären mir jetzt zu gewöhnlich.
Hoffnungsvoll findet ein weiterer Löffel den Weg in meinen Mund und das Wort "Mistkerl" bleibt mir in der brennenden Kehle stecken.
Meine Hand greift nach dem Wasserglas und ich will nur noch dass das aufhört.
Seine Hand kommt blitzschnell auf mich zu und packt mich in den Haaren, zieht mein Gesicht bis an den Tellerrand.
"Essen!"
Bei dem Klang erstickt jedes aber in mir und ich ergreife den Löffel.
Irgendwie halbschräg gelingt es mir den Löffel in meinen Mund zu bugsieren.
Er hält mich weiter unten, isst dabei mit einer Hand unbeirrt weiter und sieht mir zu.
Ich versuche wenigstens nicht zu sabbern, während ich das Gefühl habe meine Kehle verätzt. Die Tränen tropfen in meinen Teller, aber das mildert gar nichts und die Nase läuft, was ich aber durch ständiges schniefen irgendwie retten kann.
Linsensuppe, denke ich und unterdrücke das würgend.
Wenn er wüsste was ich in diesem Moment über ihn denke, dann würde mein Teller jetzt wahrscheinlich auf den Boden wandern.
Er weiß es, ganz sicher, aber er will das ich es sage, damit ich weiß das es meine Schuld ist, wenn ich da unten bin.
Ich kämpfe mit mir und mit dem Brennen. Sein Teller schiebt sich beiseite und er beugt sich ein wenig weiter vor und mich noch ein wenig weiter hinunter. Etwas von der Soße schmiert sich an meine Wange, jetzt sehe ich auch noch so aus wie ich mich fühle.
Ich schätze ab, noch drei Löffel.
An den Haaren zerrt er mich zu sich und auf den Boden zwischen seine Beine.
"Nachtisch?"
Mir brennt die Seele, jetzt heule ich wirklich und ich mache mich an seinem Reißverschluss zu schaffen. Lieber würde ich jetzt kämpfen um meine Reste, aber dafür bin ich viel zu weit unten.
Er hat mich fest im Griff, weil er weiß wo er ansetzen muss.
Schniefend und heulend öffnet sich mein Mund und ich will mich nur noch an ihm festsaugen, da reißt er mich hoch und seine frei Hand landet in meinem Gesicht.
"Bist du wahnsinnig? Denk doch auch mal an mich, denk doch nur einmal nach bevor du was tust."
Das macht mich noch kleiner und ich robbe schutzsuchend mit dem Rücken an die Unterschränke, wische mir Rotz und Tränen in die Ärmel.
Er steht ungerührt auf und verschwindet aus meinem Blick und spült die Teller grob ab.
Mir fällt die Soße wieder ein und ich versuche meine Lächerlichkeit zu retouchieren, schniefend betrachte ich den Fleck und frage mich ob das wieder rausgeht.
Seine Beine umwandern mich und das Kühlschranklicht schiebt sich über den Boden.
Dann berühren seine Schienbeine im Schneidersitz meine Beine, die ich schützend um mich gezogen habe und er hält mir ein großes Glas Milch hin. Er wartet bis ich laut schluckend alles ausgetrunken habe, dann fährt sein Daumen über meine Wangen und verwischt die Tränen mit dem Rest Soße.
Wir treffen uns in den Augen, grinsend halte ich ihm mein Glas hin:
"Mehr!"
Freitag, 24. Oktober 2008 - 01:42 Uhr
Vorstellungen
feudal
wäre ganz wienerisch in einem Cafe zu sitzen.
Ein zwölftel Sachertorte auf weißem Porzellan, dazu oanen Deeee, wie der Wiener sagen würde.
Die viel zu kleinen Gäbelchen, mit dem rosengoldenen Muster, wobei das Gold nur noch zu erahnen ist, so oft hat es Dina, die polnische Tellerwäscherin mit den großen Brüsten, schon durch die Spülmaschine gewaschen.
Während sie auf den Trockengang wartet träumt sie davon, selbst einmal vorne zu sitzen, bei den feinen Leuten, wie sie denkt. Dann würde sie auch Sacher bestellen, aber dreizwölftel oder besser ein ganzes Viertel und oan Kaffeeee, weil Tee immer so Ränder macht und die muss man hernach immer heftig schrubben. Davon träumt sie beim Trockengang und auch zuhause, was kein zuhause nicht ist, weil ein Zimmer zu viert, da kann man nicht wirklich zuhause sein.
Aber zurück zu den beiden am Tisch, die sitzen gerade im Kreuz, weil nichts sie beugt in ihrem Leben. Vielleicht kennen sie sich, oder sind fremd, was aber den Verlauf nur unwesentlich beeinflusst.
Sie plaudern a weng übers Wetter und verhaspeln sich kaum im Draadsch. Sie trägt Spitze, weiß, drunter und drüber, er einen Bart zum englischen Tweed.
Er macht ihr ein paar nasale Komplimente, woraufhin sie ein wenig scharrt mit den Füßen und dort verlegen zupft wo alles perfekt sitzt.
frivol
wäre, denkt sie, wenn sie nichts drunter tragen würde unter der Spitze.
Wenn er jetzt, anstatt ihr zu komplimentieren, auf ihre rosa Knospen starren würde. Dann würde sie, ganz Dame, sich an den Godetsaum fassen und den Stoff über ihre Schenkel legen, die Knie so spreizen das er ihre Lust riechen könnte. Er würde vielleicht seinen Gehstock nehmen und ihr damit die Schenkel innen streichen, bis ganz hinauf und ein wenig hinein. Sie müsste die Knöpfe der Bluse öffnen und er würde ein wenig verspielt an ihr zupfen. Auf dem Heimweg würde er eine einzige Rose kaufen um später damit ihr zartes Hinterfleisch zu bearbeiten, das sie ihm, mit erhobenem Rock, über den Chippendaletisch gelegt, präsentierte.
skurril
wäre, denkt er, wenn sie mein braves Tierchen wäre und mit der schwarzglänzenden Maske mir gegenüber sitzen würde.
Ich könnte sie unter den Tisch befehligen, wo sie zwischen meinen Knien sitzen dürfte und ganz vergnüglich an mir sein müsste. Und jedes Mal wenn sie dabei mit den Zähnen, oder sogar mit dem Kopf gegen den Tisch, dass das Geschirr scheppert, dann würde er eines von den Zahnhölzchen nehmen, es ordentlich an der Tischkante aufgereiht, mit den anderen in eine Reihe legen.
Und wenn sie ihn wieder gesäubert und einversteckt hätte, dann müsste sie aufstehen und reumütig sich über das gestärkte Weiß des Tischdeckendamasts beugen. Er würde ihr den Rock nach oben schlagen und dann sie, mit der Gerte mit dem ziselierten Griff. Und sie würde bei jedem Schlag eines der Hölzchen nehmen und es wieder zurücktun in das Silbergefäß.
Und nach dem dritten Schlag hätten sich alle umgedreht und würden einer nach dem anderen laut mitzählen, wie sie langsam von hinten errötet.
Und dann würden sie eine Zugabe verlangen, weil er so ein Meister mit seinem Werkzeug ist.
Und alles, alles würde enden in einem Riesenapplaus mit standig ovations und zugeworfenen Blumenbouquets.
Und er würde sein Tierchen herumschicken mit ihrem Schleierhütchen, müsste sie kriechen und Tisch um Tisch um eine milde Gabe betteln.
Und jeder der etwas verspürte, der dürfte dann auch, für den ein oder anderen Schein.
Dann würde sie brav wieder zu ihm kommen und er würde das Geld nehmen und es der Dina mit den großen Brüsten in die Abwaschküche bringen. Die würde sich verschwitzt die Haare von den roten Wangen streichen und er dürfte einmal sein Gesicht in ihr vergraben.
Mit ihrem Geruch noch im Bart würde er sein Tierchen an die Leine nehmen und an der Tür würden sie sich noch einmal umdrehen und sich verneigen.
"Frollein, zahlen bittschön!"
Großmännisch legt er ein Trinkgeld obenauf und hilft ihr galant in den pelzbesetzten Mantel.
Jetzt noch ein wenig Fiaker-Romantik, dann würde sie wohl wollen mögen zur Nacht. Vielleicht sollten sie noch wo so eine Gerte kaufen.
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