Ich wollte heute Nacht
etwas schreiben, einen Text zur Musik, einen Text wie Musik.
Aber solche Texte
schreiben sich nicht in finsteren Vollmondnächten, in denen der
Sturm die Wolken zerfetzt, ohne Erfolg. Kein Licht dringt durch die
düstere Decke, alles hüllt sich in schwarz.
Auch ich und trete hinaus
auf die nassen Straßen, Laub klebt mir an den Beinen, der Wind reißt
es fort. Ich stelle mir vor es wäre Haut, meine Haut. So geschält
wäre ich echt, ich. Gehen, laufen, rennen. Den Takt meiner Schritte
höre ich an Häuserwänden abprallen und stelle mir vor, einer wacht
auf, tritt ans Fenster und sieht mich.
Er sieht auf mich herab,
zwangsläufig.
Sieht wie ich hier neben
der Lampe stehe und an der nassen Zigarette sauge, den Rauch wie
einen Feuerstrahl ausstoße, als würde ich brennen in diesem Sturm.
Etwas brennt in mir,
lichterloh.
Man sollte den Schmerz
beizeiten in kleine Stücke zerhacken, bevor er sich zusammenballt in
einem und wie die Feuersbrunst einer Bombennacht in einem wühlt.
Er frisst sich zusammen
aus Worten und Gesten. Frisst sich daran satt und wächst bis er
unaushaltbar groß werden kann. Zuerst greift er mit zierlichen
Fingern mal hier ein Wort auf und dort einen Satz und dann stopft er
irgendwann alles, dessen er hörhaft werden kann, mit vollen Händen
in sich hinein.
Man füttert ihn mit
schmeichlerisch, hoffnungsvollen Gedanken. Und er säuselt etwas wie,
alles wird gut.
Tag für Tag bereitet er
sich vor, auf die Zeit des Darbens, wenn er nur noch von Hass und
Verachtung genährt wird, denn nur damit ist er zu besiegen.
Er ist so fett und
mächtig, dass man denken mag er wäre nie kleiner zu kriegen. Bis
man ihn eines Tages den Hunger lehrt, hört wie er jammert und
letztlich stirbt und mit ihm ein Rest an Gefühlen, die Neige, der
letzte Schluck, den man sich noch einmal bitter durch die Kehle
rinnen lässt.
Wer fühlen will muss
leiden. Das kann auch nicht der Weisheit letzter Schluss sein. So
einfach tritt das Wollen nicht mit einer letzten Verbeugung ab, wenn
der Wille in diesem Stück die Regie nicht führt.
Das Drehbuch liegt vor mir
in der Pfütze, der Sturm zerrt an den Seiten. Blatt für Blatt
passiert Revue, vor und zurück wenn der Wind sich dreht.
Bevor ich die letzte Szene
gelesen habe schiebt eine Böe die Seiten durch den Rinnstein vor
sich her und fort. Ich will nicht wissen wie es ausgeht, noch nicht.
Noch ist der Schmerz nicht
satt, das Leid nicht ausgelitten. Nutzlose Tränen im Regen, fad und
ohne Geschmack. Nicht wie die, mit denen man mit einer salzigen
Kruste auf der Haut aus Träumen erwacht.
Eine Motte prallt verlockt
gegen das Lampenglas und verlischt ihr Leben in der Nässe zu meinen
Füßen. Im rechten Winkel zuckt der intakte Flügel noch ein paar
Mal, dann faltet sie sich auf und treibt davon ohne Chance auf ein
Schmetterlingsdasein.
Meine Hände pressen sich
auf meinen Leib, ich will sie dort halten. Sie sollen wild und
wirrend flattern bei jedem Gedanken. Ich ziehe meine Kreise enger und
weiter.
Ich ziehe nicht weiter,
nicht einen einzigen Schritt mehr. Will meinen Schmerz füttern und
ihn horten.
Ich sehe hinauf zu dem
Fenster und erkenne wer dort steht und auf mich herabsieht.
Der Himmel reißt auf, für
einen kurzen Moment macht er mich sehend nur erkennen kann ich
nichts. Etwas verschleiert mehr als nur meinen Blick.
Selbst wenn ich jetzt
gehen wollte, ich könnte nicht, nicht einen einzigen Schritt.
Ich habe Wurzeln
geschlagen.
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