Sonntag, 3. Oktober 2010

besoffen von dir - Der Leierkastenmann - zwischen den Zeilen

Montag, 6. Oktober 2008 - 00:55 Uhr
besoffen von dir


das dreht sich
in mir
um mich
um dich sowieso
das denken
das fühlen
das sein
und das werden
im vielleicht
und im jetzt
gefühlsschwindelig
flüstere ich dich
und manchmal fließt es
über
auch über die Lider
dieses Glücksgefühl
ich könnts in die Wolken malen
mir in die Haut brennen
dir auf den Leib schneidern
und auf den Schnittmusterbögen
spiele ich dir Symphonien
ach ach
glückstrunkene Lieder
ich sing sie dir alle
und die Zweifel
spülen wir mit Wodka fort
und nach dem zweiten Stück Schokolade
trag ich alle Konsequenzen
schon lang nicht mehr so
und noch nie
auf diese Weise


Sonntag, 28. September 2008 - 22:20 Uhr
Der Leierkastenmann


Jeden Freitag Nachmittag stand er auf dem Hof, das gehörte zu einer ihrer ersten Erinnerungen.
Er trug einen schwarzen Anzug und eine Melone, auf dem Leierkasten saß ein Plüschaffe der ein wenig hin und her wackelte bei den Kurbelbewegungen.
Jeden Freitag saß sie am Fenster und wartete, bis endlich die Musik auf dem Nachbarhof zu hören war, dann rief sie aufgeregt: "Er kommt!"
Es klang immer ein bisschen schräg und manchmal wünschte sie sich, er würde auch einmal dazu singen.
Aber das tat er nie.
Er kam still auf den gepflasterten Hof geschoben, stellte sich unter das Fenster, lüpfte kurz den Hut für niemanden und dann begann er die Kurbel zu drehen.
Die alte Frau stand hinter ihr, in der Hand ein Stück Papier und darin eingewickelt zwei Groschen.
Sie warteten immer bis die Musik verklungen war, dann wurden die Fensterriegel geöffnet und wortlos die eingewickelten Groschen in Richtung des Leierkastens geworfen.
Der Mann musste sich nur selten mehr als 2 Schritte bewegen, bückte sich, sammelte das Papier auf, sah nach oben, zog den Hut und hielt ihn sich vor den Bauch:
"DankscheedieDoohme!"
Seine Stimme leierte ähnlich wie sein Instrument, und meist war das Fenster schon fast geschlossen, bevor sein Dank zuende ausgesprochen war.
Als sie etwas größer war durfte sie ihm alleine die eingewickelten Groschen hinunterwerfen. Wieder die gleiche Prozedur, aber jetzt sagte er:
"DankscheedasFrolleinsche!"
Sie klatschte noch kurz in die Hände und schmetterte ihm ein "Bitteschöndankeschön!"
entgegen.
Irgendwann war die alte Frau nicht mehr da und mit ihr verschwanden auch viele andere Dinge.
Der Geruch der Waschküche, den sie liebte, wenn dort einmal die Woche Feuer gemacht wurde und der ganze Hof nach Wäschesuppe roch.
Stunden später, wenn die Wäsche lange genug gerührt und gerubbelt worden war hing sie nach Seife duftend an der Wäscheleine.
Wenn man vorsichtig genug war, dann konnte man sich darin unbemerkt verlieren.
Bohnerwachs und Schmierseife blieben ihr ebenso im Gedächtnis haften.
Der Geruch von Kohlenstaub und klammen Bettfedern und das Geräusch, wenn morgens die Asche gerüttelt wurde.
Das Quietschen der Straßenbahn wenn sie um die Kurve fuhr oder anhielt.
Und Amerika war ein verwilderter Hanggarten.
Manchmal wurden abends auf dem Laken auch die mitgebrachten Flöhe gesucht.
Und für einen Groschen konnte man das Meer überqueren.
Das roch auch immer so, ein wenig brackig, weil das Meer eigentlich nur ein Hafen war und eine Abkürzung.
Das Meer blieb ihr, dort lernte sie schwimmen, Bier trinken und wie es sich anfühlt wenn man nachts nackt im kühlen Sand wühlt.
Seetang im Winter bei Sturm war auch so ein Geruch.
Manchmal war sie jahrelang nicht dort, aber ganz weg war sie nie.
Sie wusste, das Meer würde bleiben, darauf war Verlass.
Vieles andere verließ sie im Lauf der Jahre, und umgekehrt.
Die Melodien und Rhythmen änderten sich ebenso.
Längst schon war kein Leierkasten mehr zu hören.
Wer bückte sich noch für zwei Groschen oder neigte das Haupt vor wem?
Die Gesten wurden protziger mit den Jahren, Ellbogen zählten als das wesentliche.
Wer demütig auf die Knie sank, der kam auf die Titelseiten, auch wenn er Willy oder Theresa hieß.
Das waren Gesten, die sie den Atem anhielten ließen, mehr als alles großpoltrige Geschrei.
In den Kopfbildern sah sich selbst oft so, aber der Knoten brauchte lange, sich zu lösen.
Da waren Bilder und Gerüche schon längst aus dem letzten Jahrhundert.
Der Leierkastenmann war längst schon tot.
Manchmal hörte sie ihn noch beim telefonieren.
Und dann kamen all die Bilder und Gerüche wieder.
So ein Leierkasten, das wäre ein Traum.
Man hätte am Abend Groschen für das nötigste und der Affe wäre lebendig und hieße Herr Nilsson.
Und man könnte den ganzen Tag immer wieder auf die Knie sinken und keiner dächte sich etwas dabei.
Zufrieden mit sich und allem könnte man abends die Groschen zählen und Türme davon bauen.
Und jeder Turm wäre ein Traum für sich, hätte seine Zuordnung zu den Dingen.
Groschenträume mit dem Leierkastenmann und er würde den Hut vor ihr ziehen, wenn sie vor ihm auf die Knie sank.
"Dankscheefürdasdudabist" würden sie beide denken und sagen.





Samstag, 20. September 2008 - 02:42 Uhr
zwischen den Zeilen


herbstlicher Sternenhimmel
so nutzlos, allein
Halbmondorange zwischen den Bäumen
sieht mich steigend an
Gänse ziehen im Dunkel vorbei
Schlafplätze, die braucht man
der Sekt schmeckt schal
Fragen haben Zeit, die wissen
wann sie gestellt werden wollen
Bilder in unseren Köpfen
von dem was war
und vom irgendwann
Möglichkeiten vorstellbar
Sehnsucht legt sich
wie Spinnweben um mich
und ich krieche mit den Gedanken
an dich unter meine Decke
deine liegt noch so als ob
manches muss nicht gesagt sein
das hängt zwischen den Zeilen
und trägt sich von selbst





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