Mittwoch, 7. Dezember 2011

Eigentlich

Eigentlich“ hast du gesagt, liebst du mich noch. Was für eine Schwäche durch deine Antwort wabert, als wärst du dir gar nicht sicher, wüsstest nicht was es bedeutet, dieses -eigentlich- darin.

Erinnerst du dich eigentlich noch, als ich dir diese Frage das erste Mal stellte, voller leiser Unsicherheit, die Worte verdreht, wie unsere Finger ineinander.
Das aufdringliche Geschnatter zu unseren Füßen, auf der Bank im Park.
Hungrige Enten die nach unseren Füßen hackten als würden sie uns aufscheuchen wollen und lieber unsere Aufmerksamkeit auf das Geschnatter und Gefieder lenken.

Die Worte an deinen Hals geflüstert, in den dicken Kragen der uns trennte, Schenkel an Schenkel. Du hast mich angesehen als würdest du mir ein knappes „Selbstverständlich“ entgegnen wollen. Dann sagtest du es, ganz wie selbstverständlich, dass es so wäre. Du fragtest nicht nach meinen Zweifeln, ob und wieso.
Eigentlich war es auch gar nicht wichtig die Worte zu hören, ich wusste, wollte nur sicher gehen. Nein, ich wollte sicher bleiben.

Unzählige Anlässe und Wiederholungen haben die Worte lange Zeit nie abgenutzt erscheinen lassen.
Eigentlich weiß ich gar nicht so recht wann sie uns abhanden kamen und wieso gerade jetzt es wieder so wichtig ist.

Ich kann meine Frage nicht mehr flüstern, zuviel Angst schwingt darin mit.
Mit der Entfernung der Körper geht die Erhöhung der Lautstärke einher.
Eine Frage wie eine Waffe die ich gegen dich richte.
Ich sehe, du suchst nach einer Antwort, einer die richtig zu sein scheint.
Nicht zu lapidar, nicht zu aufgetragen.
Heute wie damals wäre ein „Selbstverständlich“ nicht richtig.
Damals rückten wir noch einen Millimeter näher beisammen.
Heute hängt von deiner Antwort ab, wie weit wir uns noch voneinander entfernen.
In der selben Sekunde frage ich mich, ob es auf meine Frage überhaupt noch eine richtige Antwort geben kann, oder ob die Notwendigkeit der Fragestellung nicht schon die Konsequenz aus der Antwort impliziert.

Können wir uns noch lieben wie wir sind, auch wenn wir nicht mehr die sind, die wir einmal waren.
Die Zeiten haben sich und uns geändert und Keile getrieben, die wir nur entfernen können wenn wir unsere Herzen bluten lassen. Kein Kelch der einfach so an uns vorüber gehen könnte, nicht wenn wir die alte Antwort wieder geben wollen.

Und doch, dieses leise „eigentlich“ in deiner Antwort lässt mich in vergangenes horchen. So unsicher meine Frage, so verängstigt deine Antwort.
Was wäre, wenn es nicht einmal mehr dieses „eigentlich“ gäbe?
Dann hätten wir uns gerade eben die Basis entzogen.

Lass uns dieses „eigentlich“ aufheben und damit weitermachen.
Lass uns in den Park gehen, Enten füttern und vielleicht wieder zusammenrücken.

rot

Auf allen Vieren bin ich vor dir her gekrochen.
Es hat dich nicht interessiert das ich gewimmert habe, bei jedem Schlag.
Bis du mich in der Ecke hattest. Ich wollte aufstehen, die Arme zur Abwehr vor mich legen. Deine Schläge trafen meine Beine bis ich den Versuch mit dem Gesicht zur Wand wieder aufgegeben habe.
Ich wollte dich ansehen, dass du mich siehst, mich ergeben, dir Recht geben.
Deine Schläge auf dem Rücken, den Rippen, den Hüften, die Beine hinunter.
Meine Hände und Arme am Körper, vor dem Körper, um die Beine geschlungen, vor dem Kopf. Fliegende Abwehr.
Du hast mich doch da wo du mich haben wolltest.

Ich habe die Äpfel nicht geklaut, Sie waren ein Geschenk über den Gartenzaun. So rot geduftet haben sie, wie jetzt die Schläge hinter den Lidern brennen.
Die Vase habe ich nicht runtergeworfen. Es war doch nur ein Versehen.
Ja, ich bin gerannt, habe nicht hin gesehen. Aber es ist doch nur ein alte hässliche Vase.
Nein, ich habe der Frau die Zunge nicht rausgestreckt. Ich wollte das, aber ich habe es nicht getan. Ich weiß das man das nicht macht.
Ich bin nicht weggelaufen, nur ein Stück voraus. Nur ein ganz bisschen zu weit vielleicht.
Das Fahrrad habe ich nicht irgendwo stehenlassen. Es ist mir geklaut worden.
Ja, es war teuer. Darum habe ich ja auch so geweint als ich es dir erzählt habe.
Und es war rot. So rot wie die Schläge die hinter meinen Lidern brennen.

Komm her“ sagst du, „zu mir!“ Ziehst mich hoch, in deinen Arm.
Ich lehne mich an dich, atme dich ein. Zittere mich zurück zu dir.

Du weißt nicht, wirst es nie wissen können, wo ich bin wenn du mir so nah kommst.
Du warst nicht dabei.
Das ist auch nicht wichtig.
Jetzt ist wichtig und dass du da bist.