Jeder Blick in den Spiegel
zeigt eine Fremde. Der leere Blick über dunklen Schatten, die schmal
zusammengepressten Lippen.
Oft hat sie in den letzten
Wochen dagestanden, einen Haarschopf in der einen Hand, in der
anderen eine Schere, um dann doch wieder alles fallen zu lassen. Die
Haare wieder ins Gesicht, um sich dahinter verbergen zu können und
den Gedanken, dass man alte Zöpfe einfach abschneiden könne, wie
man ein Geschwür herausschneidet und manchmal ist dann danach alles
wieder gut.
Nur, dass das was da
wächst und sich eingenistet hat kein Geschwür ist dem man mit einem
Messer beikommen kann, es ist nicht einmal etwas bösartiges.
Eigentlich ist es ein
Gefühl nach dem alle streben, dass man unbedingt fühlen und
bewahren will. Aber es hat kein Ziel, keinen Weg, keinen
Gegenspieler.
Da wo es sich warm
ausbreiten sollte schwappt immer wieder eine eisige Welle darüber
hinweg und jede dem Leben zugeordnete Eigenschaft endet auf -los.
In der Kälte krümmt sie
sich, als könne sie damit etwas bewahren, zwingt sich weiter zu
atmen und durch die nächste Stunde. Nur diese Stunde überstehen und
die nächste und die danach. Als müsste man mit einem Schwert jeden
aufkommenden Gedanken an Erlösung in kleine Stücke zerhacken, bis
er endlich nur noch zuckend am Boden liegt und stirbt. Manchmal hat
sie Glück und ist des Kampfes so müde, dass sie stundenlang schläft
und dann ist es ein wenig überstanden, bis zum nächsten Kampf,
dessen Ende mit seinem wärmenden Vergessen manchmal so verlockend
erscheint.
Wenn es nur einen Weg
geben würde, all denen die da waren die Schuld zu nehmen, ihnen mit
den richtigen Worten die Absolution zu erteilen.
Dann wäre es, gerade
jetzt, so einfach, immer weiter zu gehen um nicht mehr weiter gehen
zu müssen. Jeder Versuch der letzten Spur zu folgen wäre
vergeblich, die Nächte sind kalt.
Und dann ist wieder eine
Stunde überstanden.
Alles hat sich
aufgeschaukelt, wie eine Glaskugel in einer Bahn, der man immer
wieder einen neuen Schwung gibt, damit sie in einem Looping ihren
Kreis zieht um dann neben dem Ausgangspunkt in der nächsten Bahn
wieder weiter zu laufen. Nur war der letzte Schwung zu schwach und
die Kugel ist aus der oberen Mitte der Kreisbahn abgestürzt und beim
Aufprall zersprungen.
Es ist kalt und dunkel
zwischen den Felsen, der Rückweg abgeschnitten, die Brücke
zerstört, endet im Nichts. Da ist nicht einmal mehr die Angst vor
der Furchtlosigkeit, vor dem Absturz. Warten, bar jeder Hoffnung,
dass es vorübergeht, irgendwie.
Dabei die Erkenntnis, dass
das Licht am Ende des Tunnels trügerisch ist, eine wohlmeinende Lüge
in der sich kein Trost finden lässt wenn man sie erkannt hat.
Dort steht lediglich eine
flackernde Kerze, fast heruntergebrannt, vor einer Wand.
Ein nicht enden wollender
Weg zwischen der Wand und dem Ende der Brücke, den man manchmal mit
allerletzter Kraft laufen möchte, um entweder an der Wand zu
zerschellen, oder über das Ende der Brücke hinaus zu laufen.
Im freien Fall, mit dem
pfeifenden Schrei eines Vogels auf den Lippen, gerauchte
Jugendträume.
Schall und Rauch, der
Panther.
Sein Blick ist vom
Vorübergehn der Stäbe,
so müd geworden, dass
er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es
tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend
Stäben keine Welt.
Manch
eine Sehnsucht kehrt immer wieder, wie ein Fluch, der nicht
verhandelbar ist, Erbsünde vielleicht?
Im
Bewusstsein, das ein entziehen nur die eine Ungewissheit gegen eine
andere tauscht. Vielleicht bleibt es für immer, so oder so, und die
vermeintliche Erlösung ist gar keine. Das Wissen um die Schuld derer
die bleiben müssen verhindert den letzten Schritt. Das Schicksal
kennt keine Gnade und schweigt sich aus.
Alte
Geschichten vermischen sich mit den Fragen nach den Gründen für
neuere. Irgendwo da steckt wahrscheinlich die Antwort, der eigene
Wert mit der immer wieder gesuchten Gefahr ihn nicht bestätigt zu
sehen. Sich immer wieder dorthin zurück zu bringen wo man
hergekommen ist.
Verlassen,
aber nicht verlassen können, auf etwas, auf jemanden.
Loslassen
müssen, aber nicht können, weil es nie ein größeres Gefühl gab
und wohl auch nicht mehr geben wird. Weil das nie ein anderer
erreichen könnte und deshalb von vornherein alles nur ein schwacher,
halbherziger, verlogener Trost wäre.
Lieber
allein, als mit einem falschen Menschen zu sein.
Irgendwo
ganz tief, glimmt noch ein kleiner Span Hoffnung, an dem sich das
Feuer noch einmal entzünden könnte. Eine Ahnung von Wärme.
Nur
ein Weg führt zum – alles wird gut – die Schranke steht offen.
Der
Span glimmt wie ein ewiges Feuer, das nur an einem Ort brennen kann.
Dann
zeigt sich im Spiegel das was mal war und wieder zum Vorschein kommen
möchte.
Es
geht es weiter, Schritt für Schritt, der manchmal krachend
einbricht, wie auf harschiger Schneedecke die hart ist und nichts
trägt.
Alles
denken dreht um das eine, alles ist wie es ist und muss nie so
bleiben.
Manchmal
schleicht sich Milde in die Gedanken, Erinnerungen an Worte, an
Augenblicke, die immer bleiben, weil man die Vergangenheit immer auch
mit in die Zukunft trägt, egal wie schwer sie wiegt.
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